Pferdegerechte Fütterung

Der Organismus eines Pferdes ist seit tausenden von Jahren auf das ausgelegt, was es in seinem natürlichen Lebensraum findet, hartes langstieliges nicht zu energiereiches Gras, Blätter von Bäumen, Büschen und Sträuchern.
Desweiteren ist der Magen Darm Trakt eines Pferdes auf dauerhafte Nahrungszufuhr ausgelegt. Dauerhaft heißt, irgendetwas sollte immer zu knabbern da sein, denn der Magen produziert dauerhaft Magensäure, die durch Futter gepuffert wird. Entstehen jetzt Fresspausen von mehr als vier Stunden, greift diese Magensäure die Magenschleimhaut an und kann zu Reizungen, Entzündungen und Geschwüren führen. Auch Koliken und Durchfälle sind dadurch nicht selten.
Außerdem werden die Kauschläge des Pferdes befriedigt. Das bedeutet, ein Pferd hat kein natürliches Sättigungsgefühl wie wir es kennen. Die Unterbrechung des Fressen wird gesteuert durch den Magendruck und die Befriedigung der Anzahl der nötigen Kauschläge. Nötig, weil sie auch wichtig für die Psyche des Pferdes sind.
Es gibt Untersuchungen, in denen man Pferde erst „satt“ gefüttert hat mit Kraftfutter und Heu und sie dann auf die Weide gelassen hat. Nach max. 10 Minuten Spielen usw. fingen die Pferde an zu grasen, obwohl sie augenscheinlich ja „satt“ waren.
Deshalb ist es auch aus psychischen und physischen Gründen so wichtig, das Pferde rund um die Uhr Heu oder Gras, also Rohfaser zu sich nehmen können. Diese Rohfaser wird vom Organismus benötigt und am besten verwertet, da dieser darauf genetisch festgelegt ist.
Also Heu zu portionieren ist physiologisch nicht sehr sinnig.
Zum Thema Kraftfutter. Ein Freizeitpferd welches nicht im Leistungsport geht, also keine Rennen, Vielseitigkeiten, schwere Arbeiten usw. verrichtet, sondern 1-2 std. täglich gearbeitet wird, benötigt normalerweise kein Kraftfutter. Es deckt seinen Energiebedarf durch ausreichend Rohfaser in Form von Gras und Heu. Allerdings muss man dazu sagen, das die heutigen Wiesen oftmals viel zu energiereich sind, da sie hauptsächlich für Tiere zum Lebensmittelgewinn gedacht sind. Hier kann es unter Umständen notwenig sein, das Gras zu portionieren.
Also, wieder zum Kraftfutter. Der Pferdeorganismus ist nicht auf Getreidefütterung ausgelegt. Das fängt bei den Zähnen an. Die Zähne mahlen das Gras und Heu, während sie die Körner des Kraftfutters nur auf der Zahnreihe „balancieren“. Dies dient nicht der „korrekten“ Abnutzung der Pferdezähne. Zusätzlich wird Getreide nicht ausreichend eingespeichelt, welches aber zur Pufferung der Magensäure sehr wichtig ist.
Im Magen Darm Trakt des Pferdes geht der schwierige Weg des Getreides weiter. Getreide enthält, bis auf Hafer, Klebereiweiße, welche die Magenschleimhaut verkleben und wiederum zu Problemen führen können. Getreide kann vom Körper eines Pferdes nicht vollständig aufgeschlüsselt werden und belastet somit den Magen Darm Trakt. Die im Müsli enthaltende Melasse und sonstige Zusatzstoffe wie Apfeltrester, Haferschälkleie usw. sind unnötig und auf Dauer gesundheitsschädlich, da sie einfach nicht in den Verdauungstrakt eines Pferdes gehören.
Um ein Pferd aufzufüttern, rund zu füttern, benötigt man kein Kraftfutter. Denn dieses benötigt wieder vermehrt Energie um es zu verwerten. Das Argument, das Pferde trotzdem davon zunehmen, kann durch die Zuführung von Stärke (Zucker), als Überenergie wird diese umgewandelt in Fett, widerlegt werden. Wir Menschen werden von Süßigkeiten auch dick, sind aber deshalb noch lange nicht gesund.
Nicht außer acht zu lassen sind auftretende Verhaltensauffälligkeiten eines Pferdes, die bei Überfütterung, mineralisierter Unterversorgung und ungesunder Fütterung auftreten können. Hierbei sind Koppen, Barrenwetzen (Holznagen), Kopophragie uvm. zu nennen. Auch Pferde die häufig unter Koliken oder Durchfall leiden, sollte man futtertechnisch im Auge behalten. Pferde, die ihr Kraftfutter nur schlecht fressen, nach dem fressen Flehmen, Leerkauen oder sich wälzen, haben oftmals Schmerzen oder zumindest Unwohlsein durch falsches Futter. Auf den hygienisch einwandfreien Zustand jeglichen Futters hinzuweisen, sollte sich eigentlich erübrigen.

Aus diesem Grunde ist es immer erst einmal organisch abzuklären, WARUM ein Pferd evtl. zu dünn ist. Dann sollte man den Rohfaseranteil erheblich erhöhen, 24 Stunden Heu zur freien Verfügung, in Heunetzen ist das Fressen anstrengender und dauert länger, also eine Fresszeitenverlängerung bei kontrollierbarer Masse, evtl. Zufüttern von eingeweichten Heucobs und im „Notfall“ bei nicht Zunehmen des Pferdes, haben sich Luzernehäcksel in der Fütterung bewährt. Luzernehäcksel (in USA Alfalfa genannt) bestehen aus Rohfaser, welche wieder die Einspeichelung und die Kaubefriedigung begünstigt und hat dabei nur 0,2 % mehr Energie als Hafer. Die optimale Möglichkeit, ein Pferd gesund rund zu bekommen..

Mit diesem Beitrag möchte ich einmal mehr anregen, sich über die NATÜRLICHE Pferdefütterung Gedanken zu machen und so manche Dinge zu hinterfragen. Wenn man die Beratung eines Futterhändlers annimmt, sollte man niemals vergessen, dass dieser auch nur verkaufen möchte. Der Geschäftsführer einer renommierten Pferdefutterfirma sagte mal sinngemäß, Pferde benötigen Kraftfutter zum Satt werden und von Heu würden sie Hufrehe bekommen. Solche Aussagen streiten jedoch jegliches Wissen über Pferdeernährung der Hersteller ab.

(c) Nadine Petry, Pferdeverhaltenstherapeutin & Tierheilpraktikerin
www.tiertherapie-petry.de